Das Oelsetal

Vor ungefähr 11.600 Jahren endete die letzte Eiszeit. Das mächtige Eis hatte sich vom skandinavischen Gebirge bis nach Schleswig-Holstein, Brandenburg und weiter nach Russland geschoben. Das im heutigen Polen liegende Weichseltal mit seinem gleichnamigen Fluss Weichsel war namensgebend für die Eiszeit. Dieser Fluss war es auch, der der Weichseleiszeit ihren Namen gab. Die Lausitz als Landschaft und das Land Brandenburg hat es zur damaligen Zeit noch nicht gegeben, doch formte das sich bei wärmeren Temperaturen rückwärts in Bewegung setzende Eis die Landschaft. Die ausgedehnten Sümpfe, winzigen Hügel, die kleinen Berge und hier und dort die im ansehnlichen Bild der Landschaft liegenden Täler entstanden – auch das Oelsetal, jenes Tal, durchflossen vom Fluss Oelse, an dem, wie wir wissen, Erlen stehen.

Nach Verschwinden des Eises bildeten sich große Flussdurchbrüche wie bereits erwähnt: die Weichsel, aber auch die Warthe, die Oder und viele andere. Es entstanden Rinnen, wie z.B. die Schlaube, die Demnitz- und die Oelsenrinne. Die Oelse als Fluss (altsorbisch OL `SA = Erle) ist erstmals 1344 belegt. Nach und nach entstanden riesige Laubwälder und Tiere wie Wisente, Rentiere, Bären, Wölfe und Elche wurden heimisch.

Zwischen den Einzugsgebieten der Schlaube im Osten und der Oelse im Westen verläuft heute die Hauptwasserscheide. Die Oelse mit ihrem Einzugsgebiet von ca. 90 km² entspringt im Möschensee (östlich von Groß Muckrow). Von ihrem Quellgebiet kommend durchfließt die Oelse den Chossewitzer See, die Klinge-, Janke- und Walkemühle. Nach der Walkemühle wird sie zum Zwecke der Fischzucht angestaut (Fischteich hinter der Walkemühle), durchströmt ein Wehr und gelangt schließlich in den großen Oelsener See (von der Dammendorfer Seite aus auch Dammendorfer See genannt). Von der östlichen Seite aus erhält sie Wasserzufuhr von der Demnitz (Fließtal am Rande des Schlaubetals). Insgesamt ist ihr Verlauf ca. 22 km lang.

Sie mündet bei Beeskow in die Spree und fließt über die Flüsse Havel und Elbe in die Nordsee ab. Am Oelsefließ (Erlenfließ) gab es im Mittelalter vier Wassermühlen: Die Klingemühle, die Jankemühle, die Walkemühle und die Oelsener Mühle. Es gab wohl kaum einen anderen Wasserverlauf in den Waldgebieten von Brandenburg, in denen sich so viele Mühlenräder konzentrierten, sich jahrhundertelang gedreht und zum Lebensunterhalt der Menschen beigetragen haben. Im Lauf der Oelse wurde Anfang des 20. Jahrhunderts der Brennstoff Torf gestochen. Vier Torfstiche gab es insgesamt. Ein aus den 20er und 30er Jahren stammender, ehemaliger Torfstich befindet sich vor dem Beeskower Gleis. Er ist ca. 60 bis 100 Meter lang und 20 bis 50 Meter breit. Dort hat man überraschenderweise die Überreste eines Einbaums und einer 60 Zentimeter langen, mumifizierten Eidechse gefunden. Die heute auf diesem Areal wachsenden Erlen lassen nicht mehr erkennen, dass dort einst Männer und Frauen unter schwierigen Bedingungen dem Boden Torf entnommen haben.

Der Große Oelsener See

Der Große Oelsener See befindet sich idyllisch gelegen in einem Wald- und Schilfgürteltal. Kiefern und Eichen vom höher liegenden Ufer ragen meist bis dicht an den See heran. Ursprünglich flossen nur die Oelse und die Demnitz durch das tiefer liegende Feuchtbiotop. Erst durch die Bewirtschaftung wurde das Tal mit Fließrinnen angestaut und der See entstand in seiner heutigen Form, die an ein Hirschgeweih oder aber an den Buchstaben „Y“ erinnert. Westlich vom Oelsener See liegt das Dorf Oelsen und östlich das Dorf Dammendorf. Auf der Dammendorfer Seeseite stehen an den Hängen Wochenendhäuser. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden in aller Abgeschiedenheit am Oelsener See zwei baugleiche Bungalows errichtet. Die Auftraggeber waren Führungskader der DEGUSSA (Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt). Sie beauftragten, die Wände der Bungalows mit kugelsicheren Sinusplatten aus Stahl zu versehen. Ein skandinavischer Zimmermann leitete Gefangene, ebenfalls aus Skandinavien, beim Bauen dieser Häuser an. Im Jahr 1945 fällt einer dieser Bungalows aus ungeklärten Gründen einem Brand zum Opfer. In den vom Brand verschonten zog 1946 ein Ehepaar ein. Es hatte das Grundstück bei der Durchführung der Bodenreform zugewiesen bekommen. Im Jahr 1963 erwarb der VEB (Volkseigener Betrieb) Gebäudewirtschaft Eisenhüttenstadt für 3.600 Mark das Grundstück. Einen Stromanschluss gab es zu dieser Zeit noch nicht. Erst 1978 wurde eine zwei Kilometer lange Stromleitung durch den Oelsener See verlegt. Später sanierte die Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft GmbH das Objekt mit großem, baulichem Aufwand und verkaufte es 2002 wieder an Privatpersonen. Seither hat der Eigentümer gewechselt.

Der Oelsener See wurde über viele Jahre hinweg für die Entenzucht genutzt. Das Entenzuchtgebiet war ungefähr 400 Meter lang und 20 bis 60 Meter breit. Es war in zwei Teile geteilt, die wechselseitig genutzt wurden, damit sich die Flora ständig regenerieren konnte. Tausende Enten waren im Wald am Oelsener See und nahe dem Walkemühlenteich bei der Walkemühle eingehegt. Mit der Pflege der Enten waren Hildegard Hahn am Oelsener See und Margarete Matz nahe dem Walkemühlenteich beauftragt. Nur in den Sommermonaten eines Jahres wurde jeden Tag das große Tor zum Entenplatz geöffnet, hinter der die Masse an hungrigen, weißen Enten einen unvorstellbaren Lärm machte. Mit blauer Kittelschürze am Leib und einem bunten Tuch auf dem Kopf betraten die beiden Frauen in den frühen Morgenstunden jeweils ihren Entenplatz. Mit Gummistiefeln an den Füßen ging es geradewegs zu den mit Pellets randvoll gefüllten Trögen. Waren diese einmal geöffnet, gab es kein Halten mehr: Die Enten erkämpften sich ihren Platz am Trog. Die kräftigsten Enten stets ganz vorn. Ein Trog nach dem anderen wurde geöffnet, bis alle Enten fraßen, um danach im Halbschatten unter den Schwarzerlen das Futter zu verdauen. Hin und wieder schnatterte eine Ente zufrieden. Das war dann die Zeit, in der die Frauen ihre Runde um den Entenplatz herum oder am Entenplatz entlang machten und schauten, ob der Fuchs in der vergangenen Nacht eine geholt hat. Auch der sogenannte „Mönch“, die Vorrichtung für das Durchlassen des Wassers von einem Teich bzw. See zum nächstgelegenen, wurde täglich kontrolliert und gereinigt, damit das Wasser gut abfließen konnte. Als beide Frauen, Hildegard Hahn und Margarete Matz, schon lange in Rente waren, erzählten sie immer wieder von der Arbeit auf dem Entenplatz und dass es die schönste Zeit ihres Lebens war. Der Oelsener See ist offiziell kein Badegewässer, doch beweisen viele Fotografien, dass die Oelsener, Grunower und Dammendorfer schon immer im See gebadet haben. Im Winter ging es mit dem Schlitten an der Hand oder mit den Kufen an den Schuhen aufs Eis. Heute wird der Oelsener See vom Fischereibetrieb Karl-Heinz Weidner bewirtschaftet. Naturfreunde und Angler können Angelkarten für den 96 Hektar großen See erwerben. Es kann auf Aal, Karpfen, Zander, Hecht, Schlei, Wels und Barsch geangelt werden. Karl-Heinz Weidner bietet auch Ferienzimmer an.  

Eine weitere Besonderheit am Oelsener See ist der stattliche Feuerturm. Schon von weitem zu sehen, überragt er die Baumkronen. In den Jahren 1978 und 1979 wurde er gebaut, misst eine Höhe von 30 Metern und hat einen Durchmesser von 3,50 Metern. Zuvor stand neben diesem Turm ein älteres Modell eines Feuerwachturms, von dem aus man ebenfalls einen guten Blick über die Weite des Oelsetals in alle vier Himmelsrichtungen hatte. Einer, der in den heißen Sommermonaten auf dem Turm stets eisern Wache hielt, war Wilhelm Barow. Heute wird die Brandwache mittels einer am Turm installierten Kamera vom Landesbetrieb Forst Brandenburg Oberförsterei Wünsdorf übernommen. Der Turm bleibt ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit.

Der Kleine Oelsener See mit „Strandidyll“

Der Kleine Oelsener See liegt in Oelsen. Er ist über drei Hektar groß und fünf Meter tief. Früher war er sogar noch drei Meter tiefer. Anders als heute war er von allen Seiten frei sichtbar und grenzte bis an die Landstraße. Nach Erzählungen der Dorfältesten trieb man   früher (in den 1950er Jahren) regelmäßig kleine Schaf- oder Gänseherden der Großbauern Peschel, Piesken/r (Barow), Radelow (Dribbisch) und Lehmann (Karras) zusammen, um sie am kleinen See grasen zu lassen. Abends fanden die Tiere immer wieder allein in ihre Ställe zurück. Die Höhe des Wasserstandes und damit die Größe des Sees waren in der Vergangenheit recht wechselhaft. In dürren, trockenen Jahren geht er stets stark zurück. In feuchten, niederschlagsreichen Jahren nimmt er dann wieder zu. Insgesamt ist er über die letzten Jahrzehnte ca. 50 m von der ursprünglichen Uferkante zurückgegangen. Damals konnten die Kinder noch vom Holzsteg aus an der Südseite ins Wasser springen. Nachdem das Wasser unter dem Steg verschwand, wurde der Steg demontiert. Heute steht an dieser Stelle eine kleine Holzbank. Zu gern sitzen die Oelsener dort und lassen ihren Blick über den See schweifen. An heißen Tagen kommt es einem so vor, als hätte der See unterirdische Quellen, denn beim Schwimmen über den See gelangt man immer wieder an kältere Stellen. 

Gegenwärtig ist der See von einem Schilfgürtel umgeben. Das Fischereirecht ist, zusammen mit dem des Großen Oelsener Sees, verpachtet. Nach Aussagen der Angler gilt der Fang eines Fisches gegenwärtig eher auf dem Großen Oelsener See als gesichert.

Zugang zum See hat man eigentlich von allen Seiten. Auf der Südseite steht eine kleine Bank und auf der Nordseite befindet sich der Krügersdorfer Weg. Dort ist auch die bei Anglern beliebte Angelstelle und Hundebesitzer werfen von dort aus ein Stöckchen in den See, um ihren Hund ins Wasser zu locken. An der Ostseite führt die Landstraße entlang und westlich befindet sich das 1987 erbaute „Strandidyll“ mit massiver Überdachung.  

Die Oelsener feiern gern. Für ihre Feste eignet sich das „Strandidyll“ hervorragend als Ort des Zusammenkommens. Regelmäßig werden Osterfeuer, Grillfeste der Feuerwehr und Jägerschaft und sogar Gottesdienste am Seeufer organisiert. Auch an Silvester kommt man dort zum Verabschieden des alten und Begrüßen des neuen Jahres zusammen.

Oelsen – ein Straßendorf unter Linden

Oelsen ist ein brandenburgisches Straßendorf. Das markante Erkennungszeichen gilt gleichfalls als Kriterium für die Zuordnung dieses Dorfes zur Gruppe der Straßendörfer: Straßendörfer haben keinen Raum für öffentliche Funktionen im Bereich der Straße. Durch ein Straßendorf führt eine zumeist in der Mitte liegende Straße, von der beidseitig die Zufahrten der Höfe abzweigen. Neben der durchs Dorf führenden Straße existiert keine Parallelstraße. Vor den Höfen sind beidseitig Grünstreifen angelegt. Und wie ein jeder weiß, werden sie nahezu im gleichen Abstand von Linden gesäumt. Bis 1960 standen hier noch riesige Bäume dieser Art, doch brachte ein starker Sturm viele davon zu Fall. Und da man sich die Dorfstraße nicht ohne Bäume vorstellen konnte, pflanzten die Oelsener Dorfbewohner rasch junge Lindenbäumchen nach.

Die Oelsener Mühle

Die Oelsener Mühle war eine der ältesten Mühlen im Ordensamt Friedland. Ihre erste urkundliche Erwähnung findet sich auf einem auf das Jahr 1406 datierten Schriftstück. Die Oelsener Mühle fungierte als eine Zollstelle. Wer des Weges kam, um Fracht auf Pferdewagen vorwiegend aus dem gesamten Gebiet des Königreiches Sachsen kommend, nach Frankfurt (Oder) bringen zu wollen, musste den Klingelbeutel zücken. So mancher hatte es nach dem Passieren der Zollstelle eilig, denn war man innerhalb von acht Tagen wieder an der Oelsener Mühle auf seinem Rückweg, musste kein zweites Mal bezahlt werden. Ein Viertel der Einnahmen des erhobenen Zolles erhielt der Oelsener Müller. Dreiviertel der Einnahmen erhielt das Ordensamt Friedland.   

Der Dreißigjährige Krieg wütete auch im Oelsetal. Von durchziehenden Söldnern wurde die Mühle  mehrfach beschädigt und einmal gänzlich niedergebrannt. Es ist belegt, dass Michael Behrsdorf, der Mut und Willens war, die Mühle neu aufzubauen, die Ruine für die Summe von 66 Talern erwarb und das Mühlenrad wieder zum Drehen brachte. Lange ließen die Söldner der schwedischen Armee unter dem Feldherrn Lennart Torstensson nicht auf sich warten. Als sie 1643 bei Fürstenberg (Oder) ihr Lager aufgeschlagen hatten, zogen sie durch die umliegenden Ortschaften und trafen alsbald auf die Oelsener Mühle. Michael Behrsdorf und seine Familie hat man vertrieben und die Mühle zerschlagen. Als Behrsdorf zurückgekehrt war und die Mühle erneut aufgebaut hatte, blieben die Menschen, die ihr Getreide gemahlt haben wollten, weg. 

Die Einwohner aus den nahe der Oelsener Mühle gelegenen Dörfern hatten ihre Gehöfte aus Angst vor den Söldnern längst verlassen. Erst die Eintragungen in das Friedländer Ordensamtbuch aus dem Jahre 1665 belegen wieder, dass Einwohner aus Reudnitz, Oelsen und Grunow in der Oelsener Mühle einkehrten, um ihr Getreide mahlen zu lassen. Brot musste gebacken werden und somit fand man den Weg in die alte Mühle. 18 Jahre später belegt eine Niederschrift den Bau eines neuen Mühlengebäudes und die baldige Veräußerung des Mühlengehöfts an Gottfried Krause. Mehr ist über Krause nicht zu erfahren. Im 18. Jahrhundert versucht sich Christian Zeidler aus Tschernsdorf als Betreiber der Mühle.  

Die Mühle tat ihre Dienste, mahlte Getreide und füllte die Säcke der Bauern mit Mehl. Doch geschah es, dass wiederholt das Mühlenrad zum Stillstand kam: Von 1756 bis 1763 wurde Europa erneut zum Kampfschauplatz – der Siebenjährige Krieg wütete. Im Jahr 1759 lagerte ein Teil der russischen Armee bei Oelsen. Die schweren Geschütze rollten über den kleinen Mühlendamm. Darunter floss die Oelse – sanft und seicht und der Mühlendamm ist zerbrochen unter der schweren Last. Man behalf sich mit Holzbalken, die man aus dem Gebälk der Mühle brach und riss. Ein neuer Damm aus alten Balken entstand. Im darauffolgenden Jahr zerstörten Soldaten der Preußischen Armee den Damm. Zurück blieb ein Bild der Verwüstung. Im Jahr 1784 verstarb der alte Zeidler und dessen Sohn, Johann Friedrich, übernahm die Mühle mit all den angehäuften Schulden. Über dreißig Jahre vergingen, bis im Jahr 1815 auf dem „Wiener Kongress“ die Neuordnung Europas beschlossen wurde. Oelsen und seine Mühle gehörte seitdem nicht mehr dem Königreich Sachsen an. Es stand nun unter der Regentschaft des Königreichs Preußen. Im Jahre 1890 wechselte der Besitzer abermals: Gottlob Noack kam aus Trattendorf ins Oelsetal und übernahm die mittlerweile hoch betagte Mühle mit seiner Frau Pauline, bis sie Sohn Otto im Jahre 1927 überschrieben wurde. Mit der Weitergabe der Mühle an die nächstfolgende Generation hielt auch die Elektrizität Einzug auf dem Mühlenhof und das schwere Mühlenrad wurde nun nicht nur mit der Kraft des Wassers sondern auch mit Hilfe einer Turbine angetrieben. Noack nutzte die Mühle vielfältig und mahlte Getreide, presste Öl und schnitt Holz. Mit Bruder Walter setzte er sogar ein Sägegatter in Bewegung, denn das Ende des Zweiten Weltkrieges lag vier Jahre zurück und noch immer benötigten die Menschen im Oelsetal und in den umliegenden Dörfern Bauholz. Nach dem Ableben Noacks verblieb seine Frau Martha. Fortan lag es an ihr, die Geschicke auf dem Mühlenhof zu lenken und das Vermächtnis weiterzuführen. Und auch heute noch ist die Oelsener Mühle in Hand der Familie Noack. Seit dem Jahr 1983 war Noacks Sohn Siegfried Mühlenbesitzer. Gemeinsam mit seiner Frau Waltraut tat er daran, den Mühlenhof zu erhalten. Noch heute schneidet er Holz mit der Mühle, wenngleich mit elektrisch angetriebenem Sägegatter. Kurze Zeit später wurde die Mühle an die nächste Generation der Noacks weitergegeben. Somit ging der Familienbesitz an Klaudia Spey, geborene Noack, die mit ihrer Familie die Mühle in vierter Generation besitzt. Könnte das Mühlenrad sprechen, es würde uns so manches mehr erzählen, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört. Und es dreht sich weiter und immer weiter.

Die Walkemühle

Im Regnum Teutonicorum (lat. Königreich der Deutschen), später als Sacrum Imperium und darauffolgend als Sacrum Romanum Imperium bezeichnet, dem sogenannten Heiligen Reich oder Heiligen Römischen Reich, wurden schon früh Walkmühlen zur Herstellung von Walkstoffen errichtet. Durch das Walken erhielten die Stoffe eine dichtere, weichere Struktur und waren angenehmer auf der Haut zu tragen. In der 1620 errichteten Walkemühle an der Oelse, die wie ihre fast 200 Jahre ältere Schwester, die Oelsener Mühle, zum Ordensamt Friedland gehörte, wurde zunächst nicht gewalkt. Das große Mühlenrad brachte noch lange nicht die Räder und Rädchen in Bewegung, die das mühevolle Verdichten von Gewebe mittels der Kraft von in Bottichen walkenden Füßen ersetzte und somit diese Tätigkeit für so manchen jäh endete. Nach ihrer Errichtung wurde in der Mühle zunächst Holz geschnitten. Seit zwei Jahren herrschte Krieg und das Schicksal, das die Oelsener Mühle nur einen Steinwurf entfernt, erlitt, machte auch vor der kleinen Mühle im Wald nicht halt. Auch sie wurde von den Söldnern der schwedischen Armee unter dem Feldherrn Lennart Graf Torstensson ihrer Güter beraubt.

Schriftliche Quellen aus dem Ordensamt Friedland blieben erhalten, aus denen die Namen der Mühlenpächter hervorgehen: Für das Jahr 1707 wird Thomas Wilke, für das Jahr 1712 Christoph Kegeler genannt. Bis zum Jahr 1758 wechselten die Pächter mehrmals, bis Georg Neitsch die Mühle übernahm und sie um eine Grützmühle und eine Ölpresse erweiterte. Obgleich Neitsch nun rechtmäßiger Pächter war, übernahm das Ordensamt Friedland die Verwaltung. Auf den Befehl eines Amtmanns hin hatten in der Walkemühle Männer Dienst und Fuhren zu verrichten, wenn ihnen vom Gericht eine Zuchtstrafe auferlegt worden war. Klein Briesener und Oelsener wiederum wurden zu Zwangsdiensten verpflichtet. Erst im Jahr 1831 wurde aus der Walkemühle, die ihrer Nutzung nach eine Schneidemühle war, da in ihr Holz geschnitten wurde, tatsächlich eine richtige Walkemühle zum Walken von Tuch. 

Über einhundert Jahre später stellte man diesen Betrieb ein, um sie weiterhin als Mühle für das Mahlen von Getreide zu nutzen. Große Säcke mit feinstem Mehl in den Backstuben der umliegenden Dörfer stammten aus der mitten im Wald liegenden Mühle. Der letzte Müller, der die Mühle betrieb, hieß Kunter. Bei ihm erlernte der Oelsener Bernhard Huchatz den Beruf des Müllers, bis mit dem Abbruch des Maschinenhauses die Mühlenräder für immer aufhörten, sich zu drehen. Erhalten blieben das Wohnhaus und die Scheune, die, in der Natur so einzigartig eingebettet gelegen, nebst der zur Walkemühle gehörenden Wald- und Wasserflächen vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR vereinnahmt wurden. In den alten Mauern des Wohnhauses der ehemaligen Mühle verkehrten regelmäßig zahlreiche Jagdgäste des Ministeriums. Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten im Jahr 1990 ging der Besitz an den Landesforstbetrieb, der eine Nutzung als Wohnhaus für den Oberförster der Oberförsterei Schlaubetal vorgesehen hatte. Im Jahr 2013 sollten das Wohnhaus und die Scheune veräußert werden. Bald interessierte sich ein Skandinavier für die im Wald stehenden Gebäude, erwarb sie, um sie schon zwei Jahre darauf wieder zu verkaufen. Sie gingen in den Besitz von Birgit und Florian von Heintze über. 

Von Dammendorf und Chossewitz kommend, biegt man entweder rechts oder links ab und überquert die alte Brücke, um an dem heute liebevoll restaurierten Wohnhaus vorbeizukommen. Aber auch aus Richtung Oelsen passieren Radfahrer das Häuschen unter dem Tann. Möge es lange so schön dort stehen.